Einstieg

Hallo Frau Kuhar, schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, heute mit uns über das Thema “Massage” zu reden. Sie coachen Menschen, die sich von inneren Ängsten und schädlichen Glaubensüberzeugungen lösen wollen. Darüber hinaus bieten Sie Massagen an, die nicht nur wohltuend für den Körper, sondern auch den Geist Ihrer Kund*innen sind. Dabei war Ihr heutiger Fokus auf die Gefühlswelt eines Menschen nicht immer zentraler Mittelpunkt Ihres Lebens.

Sie haben nämlich Physik studiert und mit dem Gedanken gespielt, Lehrerin zu werden. Wie kommt es, dass Sie von einem derart streng wissenschaftlichem Gebiet zu einem Berufsfeld wechselten, dass sich vor allem um die Gefühls- und Körperarbeit dreht?

Wie sagt man so schön: Liebe ohne Weisheit ist blind, und Weisheit ohne Liebe ist grausam. In gleichem Sinne ist intellektuelles Wissen, welches die emotionale und körperliche Ebene vernachlässigt, tot. Ich musste durch Erfahrung erkennen, dass der moderne westliche Wissenschaft-Ismus leider nichts mit echter Wissenschaft bzw. Erkenntnisfindung zu tun hat. Forschungsthemen sind heutzutage von Fördertöpfen abhängig, die an politische, militärische und wirtschaftliche Macht- und Profitinteressen gekoppelt sind. Das hat zur Folge, dass der heutige Wissenschaft-Ismus zu einer dogmatischen Religion verkommen ist. Echte Innovationen und Forschungsthemen, die keinen Profit versprechen oder nicht ins moderne Weltbild passen, verschwinden sang- und klanglos in Schubladen oder werden als “Pseudowissenschaft” verleumdet. Ich kann eine Mitwirkung im modernen sogenannten “Wissenschaftsbetrieb” nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Sie beschreiben auf Ihrer Website, dass Ihnen vor ein paar Jahren klar wurde, dass der Intellekt der Menschen nur einen geringen Anteil an Ihrer Wirklichkeitsempfindung hat. Was genau meinen Sie damit? Welche Rolle spielt die körperliche Komponente unserer Existenz und wie bedeutsam ist unsere Gefühlswelt für unsere Weltwahrnehmung?

Heutzutage lernen Kinder in der Schule, ihren Wert an ihrem Intellekt zu messen. Sie lernen auch, dass ihr Intellekt die Welt erklären könne – doch das kann er nicht allein. Alle unsere Wahrnehmungen werden durch unser körperliches und emotionales Sein ermöglicht und gefiltert. Alle Glaubenssätze, Erwartungen, Annahmen, Urteile, Schlussfolgerungen und andere Gedanken sind dadurch beeinflusst. Also ist echte Erkenntnis nur dann möglich, wenn wir alle Aspekte unseres Seins berücksichtigen – auch unseren Körper und unsere Gefühle. Jedes Gefühl, das in uns selbst entsteht, hat einen Sinn und enthält Energie und Informationen, welche wir für unser Handeln benötigen. Das setzt natürlich einen erwachsenen Umgang mit Gefühlen um – und darüber lernen die Menschen heute leider zumeist nichts.

Auswirkungen einer logikorientierten Gesellschaft

In unserer heutigen, schnelllebigen Gesellschaft sind wir immer einsatzbereit und immer kognitiv gefordert. Sämtliche technische Errungenschaften sorgen dafür, dass wir selbst in unseren ganz eigenen Rückzugsräumen und Entspannungsoasen noch für die Außenwelt zu erreichen sind. Was hat es in Ihren Augen mit den Menschen gemacht (und macht es immer noch), dass wir immerzu mit der Welt in Kontakt stehen und vor allem die nüchterne Leistungsfähigkeit im Vordergrund steht? Leiden wir besonders unter Stress und Unausgeglichenheit?

Kinder lernen in der Schule, dass ihr Selbstwert durch andere Leute bestimmt wird, die ihnen vorgeben, was sie angeblich zu tun und zu leisten hätten. Sie lernen, ihre eigenen Willensimpulse und Bedürfnisse zu ignorieren. Sie verlernen komplett, ihr Leben kreativ und eigenverantwortlich zu gestalten. Das macht sie zu angepassten, willenlosen Konsumenten, die alles mit sich machen lassen, egal wie sinnlos und schädlich es ist. Der ständige Kontakt mit der Außenwelt ist einer der vielen Faktoren, die dazu führen, dass die meisten Menschen sich auch in späteren Jahren nie die Zeit nehmen, über ihr Leben nachzudenken und ihre Gewohnheiten zu ändern oder gar echte Verantwortung zu übernehmen. Und so kommt es, dass Leute durch ihre sinnlosen Beschäftigungen an ihrer Lebensgrundlage sägen, indem sie es tatenlos zulassen, dass die Biosphäre immer schneller zerstört wird.

Sie plädieren dafür, mehr Fokus und mehr Augenmerk auf die Gefühls- und Körperwelt der Menschen zu lenken. Inwiefern kann das für ein ausgeglicheneres und entspannteres Leben führen?

In der Kindheit wird uns beigebracht, dass Gefühle unerwünscht seien. Sie seien zu laut, peinlich, unprofessionell, kindisch, lächerlich – und so weiter. Das führt dazu, dass Menschen schon im Kindesalter beginnen, unausgedrückte Gefühle in ihrem physischen Körper zu speichern. Das führt zu körperlichen Schmerzen und chronischen Krankheiten. Wenn die lange unterdrückten und im Körper eingelagerten Gefühle endlich gefühlt werden dürfen, hat das viel weitreichendere Folgen als bloß ein “ausgeglicheneres und entspannteres Leben”:

Menschen kommen endlich in ihre Kraft und können echte Eigenverantwortung für ihr Leben übernehmen – und genau das ist dringend nötig, um die Erde in ihrer Schönheit zu erhalten.

Die Bedeutung einer Massage für Körper und Geist

Ist Massage ein besonders geeignetes Mittel, um den Kopf „auszuschalten“ und sich in Einklang mit seinem Körper und seinen Gefühlen zu bringen? Was sind die mentalen und körperlichen Vorteile, die Ihrer Erfahrung nach mit einer Massage einhergehen?

Liebevolle, achtsame Berührung – zum Beispiel bei einer Massage – ist immens wichtig für unsere körperliche und psychische Gesundheit! Depressionen, Burnout, Ängste, Süchte und Vereinsamung sind in unserer Gesellschaft weitverbreitet; alles Folgen von mangelnder Nähe und Berührung. Bluthochdruck, Schwächung des Immunsystems und chronische Krankheiten können Auswirkungen davon sein. Studien zeigen, dass z.B. Menschen mit chronischen Schmerzen, Depressionen und Krebserkrankungen von Massagen profitieren können. Die Patienten haben weniger Ängste, weniger Stress und insgesamt sind sie in besserer Stimmung. Außerdem brauchen sie weniger Schmerz- und Beruhigungsmittel.

Achtsame Berührung ermöglicht echte Entspannung – und diese bedeutet, dass man die Kontrolle aufgibt. Dass man nichts leisten muss. Das widerspricht vielen Gewohnheiten, die wir uns ein Leben lang antrainiert haben. Das macht echte Entspannung für viele Menschen erstmal sehr schwierig – und Massage ist ein ideales Training. Wenn wir uns auf Berührung einlassen, hilft uns das, aus dem engen Korsett unserer Gewohnheiten auszubrechen, uns von Leistungsdruck, Selbstkritik und Selbstmitleid zu befreien, und unseren Körper (und damit uns selbst) wieder lieben zu lernen. Das ermöglicht eine tiefgehende Heilung auf emotionaler und körperlicher Ebene.

Sie stechen in Ihrer Arbeit hervor, indem Sie Ihr Massagestudio kurzerhand mit zu Ihren Kund*innen nehmen. Die von Ihnen angebotenen mobilen Massagen können ortsunabhängig stattfinden. Wie kamen Sie damals auf die Idee, diese Massagen anzubieten und was sind die Vorteile dieser mobilen Massage?

Damals hatte ich die Idee, einfach weil ich diese Marktlücke gesehen habe. Massage auf Veranstaltungen und in Firmen war eine seltene Attraktion und es machte mir Freude, auf diese Weise mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Einzigartigkeit der Thai Yoga Massage

Eines Ihrer Angebote ist die Thai Yoga Massage. Sie beschreiben Sie als etwas, das über die klassische Massage hinaus geht und mehr wie eine „Meditation der Berührung“ verstanden werden kann. Was kann ich mir unter der Thai Yoga Massage vorstellen und was macht sie so besonders wertvoll?

Thai Yoga Massage findet bekleidet auf einer Matte auf dem Boden statt. Sie kann sanft oder kraftvoll, schwungvoll oder ruhig sein und passt sich im Ablauf ganz an die Bedürfnisse der Klienten an. Für mich ist es wie ein heilsamer Tanz im Rhythmus des Atems. Letzten Endes kann eine Beschreibung dies aber nicht vermitteln; jeder muss es selbst erfahren.

Die Thai Yoga Massage ist also etwas, dass sich über die klassische Massage und ihre bloße Berührung der Haut hinaus bewegt. Gibt es bezüglich der Vor- und Nachbereitung von Massagen Tipps, die Sie unseren Leser*innen geben können? Gibt es Dinge, die sie sehr gut vorher oder nachher machen können, um das Erlebnis einer Massage zu intensivieren und die positiven Auswirkungen zu verstärken?

Es ist hilfreich, nicht direkt von der Arbeit zur Massage zu hetzen, sondern sich vorher bereits Zeit für sich zu nehmen und die Alltagsgedanken abzuschütteln. Auch danach sollte man nicht direkt ins Alltagsgeschäft zurückkehren, sondern sich beispielsweise einen Spaziergang oder etwas Ruhe gönnen. Es ist auch hilfreich, danach viel Wasser zu trinken, da dies hilft, eventuell freigesetzte Giftstoffe aus dem Körper zu leiten. Während einer Massage ist Stille angesagt, um den Verstand wirklich zur Ruhe bringen zu können und ihre heilsamen Wirkungen zu erleben!

Vielen Dank

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Wir wissen jetzt, dass es mehr als unseren Intellekt gibt, der uns auf unserem Weg durch den Alltag und die Welt leitet und dass wir davon profitieren können, mehr auf unsere Gefühlswelt zu achten. Danke für Ihre Expertise und Ihre Antworten.