Was ist autogenes Training?
Entspannungsverfahren
Autogenes Training ist ein Entspannungsverfahren, das auf Autosuggestion, d.h. dem Phänomen der Gedankensteuerung durch das Unterbewusstsein basiert. Es wurde 1925 von dem aus Berlin stammenden Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelt und besonders durch sein Buch „Das autogene Training“ über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt.
Andere Entspannungsmethoden
Entspannungsmethoden wie die indische Yogalehre oder die japanische Zen-Meditation waren schon seit tausenden von Jahren bekannt. Problematisch daran war allerdings, dass diese Techniken nur sehr schwer von dem kulturellem Umfeld und dessen Weltanschauung zu trennen waren.
Körpertherapie und Selbsthypnose
Autogenes Training kann zum einen als Körpertherapie und zum anderen als Selbsthypnose verstanden werden. Durch die vorzeitige Entspannung der Muskulatur werden Signale an das Gehirn weitergegeben, im Sinne von „Dein Körper ist entspannt, dein Geist muss auch entspannt sein!“. Auf der Grundlage dieser primären körperlichen Veränderungen ist es eine Körpertherapie, doch andererseits auch eine Selbsthypnose, da der Betroffene durch Autosuggestion einen Wechselzustand hervorruft.
Welche Folgen hat autogenes Training?
Positive Auswirkungen
Bei dem autogenen Training wurden bereits sehr viele positive Folgen nachgewiesen. Durch das Steuern deiner Gedanken kannst du dieses in folgenden Bereichen anwenden:
- Stresspegel senken
- Ängste überwinden
- Schlafstörungen beseitigen
- Kopf- und Magenschmerzen lindern
- Bluthochdruck senken
- Kreativität fördern
- Selbstwertgefühl steigern
- Konzentrationsfähigkeit erhöhen
Vorsicht!
Wenn du das autogene Training durchführst, ist es wichtig, dass du dich dabei vollkommen konzentrieren und fokussieren kannst. Daher wird bei Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie, aber auch schweren Depressionen eher von einem ungeklärten Training abgeraten. Stattdessen sollte dabei immer Rücksprache mit einem Arzt gehalten und ggf. ein Trainer hinzugezogen werden, da eine falsche Ausführung negative Folgen für deinen Kreislauf und dein Nervensystem haben kann.
Autogenes Training lernen – was du beachten solltest
Regelmäßiges Training
Besonders wichtig ist, dass du die Übungen in regelmäßigen Abständen anwendest, damit du dir die Ausführungen genauestens einprägen kannst und sich ein Automatismus einstellt. Allerdings solltest du die Übungen auch nicht zu oft durchführen, um dich nicht unnötig zu überlasten. Empfohlen wird ein Autogenes Training zwei- bis dreimal am Tag für ca. 10 Minuten. Eine einzelne Übung sollte dabei nicht länger als vier Minuten dauern.
Die korrekte Haltung
Es gibt viele verschiedene Haltungen, die du für deine Übungen für das Autogene Training anwenden und zwischen denen du dich entscheiden kannst. Dabei kannst du ganz einfach nach deinen Vorlieben diejenige auswählen, die für dich am bequemsten und am einfachsten in deinen Alltag zu integrieren ist. Wir stellen dir im Folgenden die vier beliebtesten und bewährtesten vor.
Liegehaltung
In dieser Haltung legst du dich einfach ganz flach auf deinen Boden, das Bett, dein Sofa, auf eine Yogamatte oder Ähnliches. Zu deiner Unterstützung kannst du unter den Nacken und unter die Kniekehlen ein Meditationskissen legen. Deine Arme legst du gerade an die Seite, mit den Handflächen nach unten gekehrt. Ebenfalls solltest du deine Beine lang von dir strecken und dabei die Fußspitzen leicht nach außen drehen. Am bequemsten ist es, dabei passende Kleidung zu tragen wie z.B. eine Yogahose.
Schreibtischstuhlhaltung
Diese Haltung ist besonders gut für deine kleine Pause im Büro geeignet, da du dafür einen Schreibtisch und einen Schreibtischstuhl benötigst (eine Meditationsbank oder Ähnliches würde hier nicht funktionieren). Du setzt dich mit geraden Rücken auf den Stuhl, sodass deine Beine einen 90° Winkel bilden. Die Arme werden mit den Handflächen nach unten auf dem Schreibtisch abgelegt, sodass die Kante ungefähr bei deinen Ellenbogen beginnt und die Arme eine Handbreit voneinander entfernt liegen.
Droschenkutscherhaltung
Bei der Haltung benötigst du einen einfachen Stuhl, auf dessen Sitzfläche du dich so hinsetzt, dass du deinen Oberkörper nach vorne beugen und dich mit deinen Ellenbogen auf den Oberschenkeln abstützen kannst. Der Blick sollte deinen Händen entlang, die locker an der Innenseite deiner Beine herunterhängen, bis zum Boden folgen. Dein Körper und deine Muskeln sind bei dieser Position vollkommen entspannt.
Lehnstuhlhaltung
Erneut brauchst du für die letzte Haltung einen Stuhl mit Armlehnen oder einen Sessel. Positioniere dich so, dass deine Beine einen Winkel von 90° bilden und deine Füße stabil den Boden berühren. Deine Arme und deinen Rücken kannst du dabei an und auf den Lehnen entspannen.
Autogenes Training lernen – Aufbau
Um autogenes Training lernen zu können, wird es oft in zwei Abschnitte unterteilt, die unterschiedliche Systeme trainieren sollen. Der erste beschäftigt sich dabei mit dem vegetativem Nervensystem, und der zweite mit dem Training deiner Organe.
1. Vegetatives Nervensystem
Das Training des vegetativen Nervensystems wird vor allem Anfängern empfohlen und wird in drei Übungen unterteilt: der Ruhe-, der Schwere- und der Wärme-Übung.
Ruhe-Übung
Die Ruhe-Übung ist sozusagen die Einleitung für deinen Körper und bereitet ihn auf die noch kommenden Übungen vor.
Ausführung:
Nimm eine der Übungshaltungen ein und schließe deine Augen. Atme tief ein und aus und konzentriere dich auf deine Atemgeräusche. Stelle dir einen Ort vor, der dich entspannt und denke an die Geräusche und Gerüche die du dort wahrnimmst. Nun kannst du deine Übungen mit einem Satz wie „Ich bin vollkommen ruhig“ wiederholend einleiten. Versuche dabei ganz entspannt und gelassen zu bleiben.
Schwere-Übung
Die Schwere-Übung soll durch die Lockerung deiner Muskulatur nach deinem Geist nun auch deine Muskeln völlig entspannen.
Ausführung:
Du solltest deine Konzentration jetzt auf deinen starken Arm lenken. Das wäre bei Rechtshändern der Rechte und bei Linkshändern der Linke. Stelle ihn dir mit geschlossenen Augen vor und wiederhole den Satz „Der rechte bzw. linke Arm wird immer schwerer.“ in deinem Inneren. Spürst du jetzt eine Schwere in deinem Arm aufkommen, beginnst du das Prozedere mit deinem anderen Arm, sowie mit beiden Beinen, bis sich dein ganzer Körper schwer anfühlt.
Wärme-Übung
Mit der Wärme-Übung sollen deine Blutgefäße erweitert und so deine Körpertemperatur gesteigert werden.
Ausführung:
Erneut sollst du dich hierbei auf deinen starken Arm konzentrieren. Aber diesmal soll er nicht schwer, sondern warm werden. Daher wiederholst du in deinem Inneren den Satz „Mein rechter bzw. linker Arm wird warm.“ so lange, bis du dort ein leichtes Wärmegefühl vernimmst. Dies solltest du nun wieder auf deinen ganzen Körper ausweiten.
2. Organe
Der zweite Bereich des autogenen Trainings fokussiert sich auf deine Organe und wird eher Fortgeschrittenen empfohlen, die die oberen Übungen bereits beherrschen. Sie sind unterteilt in insgesamt vier Übungen: die Atem-Übung, das Sonnengeflecht, die Herz-Übung und die Stirnkühle.
Atem-Übung
Die Atem-Übung soll deine innere Entspannung vergrößern, indem du bewusster und tiefer Ein- und Aus- atmest.
Ausführung:
Nach der Wärme-Übung solltest du schon relativ entspannt sein. Konzentriere dich jetzt allein auf deine Atmung und wiederhole den Satz „Ich atme ruhig und gleichmäßig.“ in deinem Inneren. Die Atem-Übung schließt du mit der Rücknahme (siehe unten) ab.
Sonnengeflecht
Das Sonnengeflecht ist das Nervengeflecht unterhalb des Zwerchfells und kontrolliert besonders die Magen und Darm Funktionen. Mit der Übung soll dieser Bereich stärker durchblutet werden.
Ausführung:
Konzentriere dich auf dein Sonnengeflecht (Unterbauch) und wiederhole in deinem Inneren den Satz „Mein Sonnengeflecht ist warm.“. Zur Hilfe kannst du dir auch eine Hand oder einen Gegenstand vorstellen, der sich vor deinem Unterbauch befindet und die Wärme ausstrahlt.
Herz-Übung
Mit der Herz-Übung soll der Herzmuskel stimuliert und somit der Blutdruck und der Pulsschlag reguliert werden.
Ausführung:
Bei dieser Übung musst du dich vollkommen auf dein Herz konzentrieren, wie es warm in deiner Brust schlägt. Wiederhole dann immer wieder den Satz in deinem Inneren „Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.“, bis du merkst, dass dein Puls langsamer und du selbst immer entspannter wirst.
Stirnkühle
Die letzte Übung nennt sich Stirnkühle und löst die Anspannungen in deiner Gesichtsmuskulatur. Außerdem soll es dabei helfen, in besonders stressigen Situationen klar denken zu können.
Ausführung:
Fokussiere dich auf deine Stirnpartie und wiederhole in deinem Inneren den Satz „Meine Stirn ist angenehm kühl“. Zur Hilfe kannst du dir einen nassen, kalten Waschlappen vorstellen, der auf deiner Stirn liegt.
Rücknahme
Die Rücknahme beendet das autogene Training und löst deinen tranceartigen Zustand wieder auf. Dazu solltest du Sätze wie „Tief einatmen und Augen wieder auf“ mit einer bestimmten Körperbewegung durchführen. Fühlst du dich danach immer noch nicht wach und etwas benommen, musst du den Vorgang wiederholen.
Wenn du nämlich auf die Rücknahme verzichtest oder sie nicht richtig durchführst, wirst du in deinem Alltag sehr müde und benommen sein. Von Vorteil ist dies natürlich kurz vor dem Schlafen gehen, also bei Schlafstörungen.
Schlusswort
Um Autogenes Training lernen zu können, bedarf es nicht viel mehr als Zeit und – man mag es kaum glauben – Training. Wir hoffen, dass wir dir mit dieser kleinen Erklärung ein bisschen mehr Entspannung in deinen Alltag bringen konnten.