Einstieg
Willkommen zurück bei Home & Relax! Heute geht es bei uns um das Thema Ernährung und als Experten dürfen wir Steffen Dörr bei uns begrüßen. Steffen Dörr ist Experte für die Felder Public Health und Ernährung, sowie auch Gastgeber seines Podcasts “Am Esstisch”. Aber Herr Dörr, möchten Sie sich vielleicht selbst noch kurz vorstellen?
Ja, sehr gerne. Mein Name ist Steffen, ich lebe in Hamburg und bin Host vom “Am Esstisch”. Ich interessiere mich für gutes Essen, Ernährung, Gesundheit, aber auch für das Thema digitale Gesundheit.
“Am Esstisch” ist ja ein sehr passender Name. Wie genau sind Sie denn darauf gekommen und was macht denn Ihren Podcast aus?
Also die Idee zu dem Podcast, beziehungsweise zu meinem Blog, entstand schon während meiner Studienzeit. Damals hatte ich den Eindruck, dass Ernährungskommunikation in Deutschland noch nicht da ist, wo sie vielleicht sein könnte. Wissenschaftliche Ergebnisse sind ja, speziell bei uns in den Gesundheits- und Ernährungswissenschaften, oft nicht eindeutig genug. Da ist es manchmal schwer klare Aussagen zu treffen oder diese Erkenntnisse werden in vielen Fällen nur verkürzt dargestellt. Dementsprechend ist es auch wichtig zu verstehen, dass Studien eben keine absoluten Wahrheiten produzieren, sondern Erkenntnisse, die unter gewissen Umständen zustande kommen und das sollte man eben auch einordnen. Ich denke hier gibt es eine Reihe von sehr interessanten Personen, die genau zu diesen Themen etwas zu sagen haben oder etwas Wertvolles mitteilen können, und diesen möchte ich einen Raum geben, einen Platz geben, um dieses Wissen zu teilen.
Letztendlich, um es vielleicht nochmal auf den Punkt zu bringen, was ich eigentlich sagen möchte: Es gibt nicht nur die eine Lösung oder Ansichtsweise. Viele Themen, gerade im Bereich der Ernährung, werden hochemotional diskutiert und hier möchte ich einfach eine weitere Perspektive anbieten und dazu inspirieren die Themen Gesundheit und Ernährung eben ganzheitlich zu betrachten. Das ist das was “Am Esstisch” abbilden soll. Zudem gibt es ja noch alltagstaugliche Rezepte, die auf meinem Blog zur Verfügung stehen, überwiegend plant-based, vegetarisch, vegan, recht schnell zubereitet. Eine Inspiration für die Küche nach Feierabend, also Kopf aus, Herd an, kann man sagen. Ich denke die Kombination macht es am Ende aus.
Interview
Das ist wirklich schön, dass Sie so viele verschiedene Aspekte da ansprechen. Ernährung ist ja auch an sich ein ziemlich breites Thema und das hängt auch teilweise mit Entspannung zusammen. Wie genau hängt es denn für Sie persönlich mit Entspannung zusammen?
Generell spielt Entspannung, beziehungsweise Regeneration, eine super wichtige Rolle für mich, aber ich glaube für uns alle, in unserem Alltag. Ernährung, beziehungsweise unser Essverhalten, nimmt natürlich auch hier seinen Einfluss. Welche Faktoren sind hier besonders relevant, ich denke zum einen, ist es das was wir essen natürlich, beziehungsweise die Qualität der Lebensmittel, aber auch die Menge, beziehungsweise die Frequenz.
Zum anderen aber auch die Situation an sich, also essen wir bewusst oder vor dem Fernseher, sitzen wir gemeinsam mit der Familie oder Freunden an einem Tisch, am Esstisch. Ich würde zweitem fast eine größere Bedeutung zusprechen, wobei natürlich alles hier seine Relevanz besitzt. Ich persönlich, wenn Sie mich fragen, würde sogar noch einen Schritt vorher ansetzen, nämlich bei der Zubereitung. Für mich ist es super entspannend mir die Zeit zu nehmen zu kochen, auch Gemüse zu schnippeln, dabei einen Podcast anzumachen, Musik zu hören, und das auch nicht nur am Wochenende. Also ich versuche hier wirklich aktiv für mich Zeit zu blocken, um mir abends auch noch, oder für mich und Freunde, Essen zuzubereiten. Und am Ende ist die Ernährung auch nur eine Variable in dem ganzen Konstrukt Entspannung und Regeneration: Sport, Bewegung, Schlaf und auch Sozialleben sind alles weitere Punkte, die genauso wichtig sind. Aber um die Frage noch zu beantworten: Ja, Ernährung spielt hier auf jeden Fall eine ziemlich große Rolle für mich.
Das stimmt, dass da die Entspannung wirklich sehr vielseitig sein kann. Für jeden ist ja auch der Stressbegriff etwas Individuelles. Was genau bedeutet denn Stress für Sie und welchen Einfluss hat er auf unsere Gesundheit?
Im Grunde ist es ja eine körperliche und psychische Reaktion auf gewisse Situationen, die wir im Leben erfahren. Diese Wahrnehmung muss ja auch nicht immer negativ sein. Ich denke, psychische Belastung hat verschiedene Gesichter. Positiver Stress kann zum Beispiel auch unsere Konzentration steigern. Man kennt das vielleicht, die Situation vor einer Prüfung: Man denkt, man weiß überhaupt nichts und ist sehr angespannt, aber dann in der Situation, fällt einem doch das passende ein. Negativer Stress hingegen kann auch den gegenteiligen Effekt haben. Im Grunde denke ich, dass alles in unserem Kopf beginnt und Körper und Geist auch untrennbar miteinander verbunden sind. Daher denke ich, müssen wir uns auch die Frage stellen, wie wir gewisse Situationen bewältigen und damit umgehen können.
In der Gesundheitspsychologie, ich bin kein Gesundheitspsychologe, aber habe mich mit den Themen auch schon auseinandergesetzt, nennt man das Coping, also mit herausfordernden Situationen angemessen umgehen. Hier kompensieren viele mit Sport, andere wiederum mit Essen, und das geschieht dann auch oft unterbewusst. Wenn wir uns dann diesen Situationen bewusstwerden, dann haben wir schon viel gewonnen und können bewusst unser Verhalten aktiv beeinflussen. Da kann man eigentlich immer ziemlich treffend dazu sagen, wenn Hunger nicht das Problem ist, dann ist Essen auch nicht die Lösung. Somit können wir dann unsere Widerstandskraft, unsere Resilienz, stärken. Das Ganze hört sich natürlich jetzt einfach an, als es ist und sehr stark heruntergebrochen. Zentrale Begriffe, die man hier vielleicht noch erwähnen könnte, sind vielleicht Optimismus, Akzeptanz, Verantwortung oder Selbstwirksamkeit, also wie man auch damit umgehen kann im Alltag.
Auch zum Thema Kompensation: Sie haben ja gerade schon gesagt, dass einige da mit Essen kompensieren, das sogenannte Stressessen. Wo genau kommt das denn her?
Vielleicht fangen wir hier an, was passiert, wenn ich gestresst bin. Wenn wir gestresst sind, dann wechselt der Körper ja oft den Modus. Also man sagt ja “Fight or Flight”, kämpfen oder fliegen, und genau dieser Modus erhöht dann die Produktion von bestimmten Hormonen und schaltet nicht essentielle Prozesse aus bis das stressige Ereignis vorbei ist. Eines dieser Hormone ist Cortisol, das Stresshormon. Das unterdrückt kurzfristig den Appetit und das kennt man, das kennt jeder. Wenn man irgendwie in einer super stressigen Situation ist, man denkt, man kann überhaupt nichts essen, man würde jetzt keinen Bissen hinunterbekommen. Wenn das Ganze dann aber chronisch wird, kann es auch in das gegenteilige abdriften. Also chronischer Stress versetzt den Körper in ständige Alarmbereitschaft und das führt dann wiederum zu anderen Komplikationen, einschließlich übermäßigem Essen.
Die nächste Frage ist: Wie wichtig ist gesunde Ernährung, um Stress vorzubeugen?
Das ist super wichtig. Hier müsste man vielleicht die Frage stellen, was ist denn gesund. Gesund essen ist ja eigentlich super einfach. Ich esse einfach jeden Tag ein bisschen Obst, ein bisschen Gemüse, Zucker in Maßen, und so weiter, das ganze kannst du eigentlich schon jedem Kleinkind mitteilen. Essen und Ernährung sind ja letztendlich super emotionale Themen und da geht es auch nicht immer um rationale Entscheidungen. Sonst hätten wir nicht die Zahlen an Übergewicht und Adipositas in Deutschland. Ich meine über zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind übergewichtig und jeder vierte adipös.
Das heißt jetzt auch nicht, dass die Menschen nicht willensstark genug sind. Die Gründe sind hier auch super vielseitig und Übergewicht, beziehungsweise Adipositas, ist in seiner Entstehung auch multifaktoriell. Trotz dessen würde ich sagen, dass wenn wir bewusst darauf achten, was wir uns zuführen, bunt essen beispielsweise, und in einer gewissen Balance bleiben was die Menge angeht, dann kann unser Essverhalten ganz klar Stress vorbeugen. Auf der anderen Seite kann natürlich auch eine Tafel Schokolade vor dem TV abends super entspannend sein und das ist auch völlig okay, meiner Meinung nach, solange es nicht an sieben Tagen in der Woche stattfindet, wenn man da ein bisschen in der Balance bleibt und darauf achtet.
Zum Abschluss noch: Was sind Ihre drei besten Tipps, um Stress zu vermeiden?
Ich würde sagen, auf alle Fälle regelmäßig Bewegung und Sport mit in den Alltag integrieren, hat für mich den größten Effekt. Das Ganze sollte natürlich auch Spaß bringen. Also wenn man keine Lust hat nur stumpf im Gym pumpen zu gehen, dann geh eben Tennis spielen mit einem Freund. Zum zweiten würde ich sagen, regelmäßig Zeit nehmen für Freunde, etwas leckeres Essen gehen, beziehungsweise etwas trinken gehen. Genug schlafen und ehrlich zu sich selbst sein, wäre glaube ich auch noch ein sehr, sehr wichtiger Punkt.
Abschluss
Ja, das war’s auch schon. Wir sind schon am Ende unseres Interviews. Vielen, vielen Dank!
Sehr gerne!