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Interview mit Petra Pelz

Zuletzt aktualisiert am 3. Oktober 2022 von vik_admin

(Bio)
Petra Pelz
Schriftzug in Schreibschrift "Just Relax"
Wir sprechen heute über die verschiedenen Möglichkeiten zur Entspannung, die ein Garten bietet. Dazu haben wir Petra Pelz im Interview.
Petra Pelz

Einstieg

Hallo Frau Pelz, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, um uns als Experte zum Thema “Garten” ein paar Fragen zu beantworten. Ihr gesamtes Arbeitsumfeld dreht sich um die grünen Oasen der Entspannung für uns Deutsche, denn Sie sind Expertin für Pflanzkonzepte. Dass sich einmal alles in diese Richtung entwickelt, hätten Sie dabei vermutlich selbst nicht gedacht.

Ihre Karriere in der Pflanzenwelt startete nämlich damals mit einem einzigen Brief und einer Begegnung, die Sie nachhaltig prägte. Wie genau kam es zu Ihrer Leidenschaft für Pflanzen und wieso entschieden Sie sich dazu, diese zu Ihrem Beruf zu machen?

Nachdem die Mauer gefallen war, wurde für uns die „Reset“ Taste gedrückt. Es hieß neu orientieren und alles auf Anfang. Das war aufregend, manchmal bitter aber es ergaben sich auch viele neue Möglichkeiten. Ich stand am Anfang meines Berufslebens, war neugierig und nutzte alle Chancen. Der Kontakt zu dem bekannten Pflanzplaner Wolfgang Oehme aus Baltimore veränderte dabei mein Berufsleben. Sein hier erschienenes Buch „Die neuen romantischen Gärten“ hatte einen Stammplatz auf meinem Schreibtisch. Immer wieder blätterte ich darin. Sah überbordende Pflanzenlandschaften zwischen Wolkenkratzer oder Gräserlandschaften am Meer. Das war fantastisch!

Irgendwann fasste ich mir ein Herz und schrieb ihm einen langen Brief, woraufhin er eines Tages vor meiner Tür erschien. Mein Herz stand still als die Tür aufging. Aber dann war ich verblüfft. Er kam, um mir eine Zusammenarbeit anzubieten. Das war der Beginn einer langen Freundschaft und einer Leidenschaft, mit Pflanzen großräumig Gärten zu gestalten. Das tue ich inzwischen seit 30 Jahren sehr erfolgreich und kann mir nichts Schöneres vorstellen.

Sie sind im Zuge Ihrer Arbeit ständig gedanklich bei den Gärten anderer Menschen. Kann man da noch gut im eigenen Garten entspannen oder hat man doch den Wunsch nach Abwechslung? Wie wichtig ist Ihnen Ihr eigener Garten?

Mein Garten ist ein Experimentierfeld. Hier probiere ich neue Sorten in ungewöhnlichen Kombinationen. Da ich als Landschaftsarchitektin und Pflanzplanerin immer in anderen Gärten unterwegs bin, bleibt wenig Zeit für den eigenen Garten. Da muss der Garten gleich beides sein; Visitenkarte für meine Kunden und dennoch leicht nach Feierabend zu pflegen. Mir ist der Garten wichtig aber ich arbeite mehr an ihm, als ich mich darin entspanne. Für mich ist das völlig in Ordnung.

Das Potenzial des Gartens

Damit hat Ihr Garten ja bereits eine andere Rolle für Sie, als es bei Ihren Kunden der Fall ist. Dort ist er beispielsweise Veranstaltungsort des allwöchentlichen Grillabends oder bunte Augenweide zum Sich-Verlieren. Was denken Sie, wie der Garten auf uns Menschen einwirken kann? Welche besonderen Möglichkeiten und Räume bietet er, um sich zu entschleunigen und zu entspannen?

Den Wert, die eigene Scholle unter den Füßen zu haben, darin zu buddeln, zu faulenzen oder Freunde zu treffen, kann man nicht genug schätzen. Mal kein Handyklingeln oder sonstiges technisches Geräusch. Ganz abseits von der ganzen Technik im Alltag fühlt man sich zwischen Blüten und Blättern und auf braunem krümligem Boden geerdet, verwurzelt und auf angenehme Weise frei. Im Garten kann man beobachten, wie sich die ersten zarten Blätter im Frühjahr aus der nackten braunen Erde rollen oder sich der Garten im Sommer überbordend blühend verwandelt.

Diese Art Naturerleben ist besonders und das Gegenteil von einem technikbetonten Alltag. Je hektischer unser Alltag wird, desto mehr brauchen wir diese grünen Refugien unter freiem Himmel. Wir haben deshalb das Konzept „Silent Island“ genannt und entwickeln solche üppig blühenden ruhigen Inseln, in denen man den Alltag vergessen kann.

Sie sprechen auf Ihrer Website davon, dass es unterschiedliche Gartenarten gibt, die je nach Persönlichkeit der Garteninhaber*innen ganz verschieden gestaltet sind. Was für große Unterschiede in der Herangehensweise gibt es bei unterschiedlichen Gartenarten und wie finde ich heraus, welche Art des Gartens und der Gartenplanung am besten zu mir passt?

Der erste Kontakt mir den Garteninhabern*innen öffnet den Blick. Man ahnt wie der Garten mal werden könnte und welche Aufgabe sich daraus entwickelt. Es gibt Kunden, die mögen es ganz ordentlich. Oft sieht man es schon in den Wohnräumen. Wilde Gärten sind eher nicht die erste Wahl. Sie bevorzugen eher Natur, die sich kontrollieren und zähmen lässt. Oft mögen diese Kunden geschnittene Hecken oder geschnittene Kugeln, wie aus Buchsbaum oder Eibe und dazu ein paar möglichst immergrüne Pflanzen, wie Elfenblumen, Seggen und natürlich Hortensien und Funkien.

Andere Kunden möchten wilde Wiesen oder üppig blühende Staudenbeete. Sie lieben Pflanzen und möchten alles über sie wissen. Das kommt meinem Naturell natürlich entgegen und es fällt mir leichter diese Gärten zu planen. Aber darauf kommt es ja nicht wirklich an. Am Ende weiß ich, man kann alle Gärten professionell und gut gestalten. Es ist egal welche Vorlieben ich dabei habe. Wichtig ist, die Potentiale im Garten zu erkennen, die Gewohnheiten und Vorlieben der Kunden aufzunehmen und daraus das passende Konzept zu entwickeln. Die Kunden sollen sich in ihrem neuen Garten wohlfühlen und auch im Alltag mit ihm zurechtkommen.

Das eigene “Pflanzenreich”

Um den Menschen nicht nur mit direkter Beratung, sondern einer grundlegenden Informationsbasis zu helfen, haben Sie Ihre eigene App mit dem Namen „Pflanzenreich“ entwickelt. Wie kam es zur Idee für die Pflanzenreich App? Was genau leistet sie?

Drei Jahre lang wurde an einer Lösung für unsere Pflanzplanungs-Kursteilnehmer (Online Kurse Sonnenflut/Rosenallianz) getüftelt, um den Zugang zu dem oft als schwierig empfundenen Thema ‚Pflanzplanung‘ leichter zu gestalten. Daraus entwickelte sich die Pflanzenreich App, die nun seit Frühjahr 2021 online ist. Jeder Nutzer, ob Profis oder passionierter Pflanzenliebhaber, kann die Pflanzenreich App je nach Wissensstand und auf seine eigene Weise nutzen und seinen Gewinn daraus ziehen.

Derzeit gibt es über 6.000 Pflanzen in der App – Stauden, Gräser, Farne, Rosen, Gehölze und Blumenzwiebeln. Die webbasierte Anwendung hat so einen sehr guten Grundstock, mit dem gut und praktisch gearbeitet werden kann. Die umfassende Pflanzendatenbank basiert auf den Datenbanken der Partner Bruns Baumschulen, Rosen Tantau, Küpper, Kordes Rosen, Staudengärtnerei Gaissmayer und Die Staudengärtnerei. Das Sortiment wird kontinuierlich angepasst und Neuheiten eingefügt. Pflanzen lassen sich nach Kriterien wie Lebensbereichen, Bodenfeuchte, Licht, nach Höhe, Blütenfarbe, Laubfarbe, Blühzeit und anderen Eigenschaften filtern. Filter nach Verwendung und anderen Besonderheiten helfen zusätzlich dabei die richtige Auswahl zu treffen.

Die Suchergebnisse können ganz entspannt durchgescrollt werden. Was gefällt, wird angeklickt und landet in der Auswahl. Wer nicht nur nach dem Aussehen auswählen möchte, kann zu jeder Pflanze eine Karteikarte öffnen und die Details nachlesen. Mit dieser Auswahlliste geht es zum Kreativ Board. Die Pflanzen aus der Auswahl können per Drag and Drop bewegt werden. So entstehen Kombinationen, die der Nutzer besser versteht. Er weiß am Ende genau, welche Pflanzen er im Garten pflanzen kann. Es sind Pflanzen, die zu einer Idee und zum Standort passen, egal wie heiß der nächste Sommer wird. Ein automatischer Blütezeit-Kalender zeigt in einer Übersicht nochmal, wann was mit wem blüht, ganz auf Knopfdruck.

Man liest es alle Jahre wieder und auch in den letzten Monaten zeigt es sich mit trauriger Gegenwärtigkeit: Dürre und hohe Temperaturen machen es den Pflanzen nicht leicht, in ihrer vollen Pracht zu erstrahlen. Welche Tipps haben Sie, um einen Garten aufzubauen und zu pflegen, der auch mit wenig Niederschlag gut gedeiht? Gibt es Pflanzen, die besonders gut auf derartige Extremsituationen angepasst sind?

Ja, es ist ein Schmerzpunkt vieler Kunden und Gartenbesitzer: Die Trockenheit und Dürre ist in den Gärten angekommen. Was man jetzt tun kann? Der Garten sollte Stück für Stück oder radikal umgestaltet werden, wenn man die Lust am Gärtnern nicht verlieren möchte. Sonnenliebende Phloxe, Kerzenknöterich oder Staudensonnenblumen wachsen auch noch im Halbschatten, wenn sie es an einem sonnigen Standort nicht mehr tun. Sie sollte umgepflanzt werden und durch trockenheitsverträglichere Stauden ersetzt werden. Wir schauen in Regionen, wo sich Pflanzengemeinschaften entwickelt haben, die mit Sonne und Trockenheit zurechtkommen.

Das sind Regionen der nordamerikanischen Prärielandschaften, ostasiatische Steppen oder mediterrane Landschaften. Die Pflanzen haben sich dort über Jahrtausende angepasst und besondere Merkmale entwickelt. Die lassen sich gestalterisch nutzen. Sie haben silbriges, wolliges Laub, da das Sonnenlicht reflektiert wird, sie haben dickfleischige Blätter, da sie Wasser speichern, sie haben schmales Laub, um Verdunstung zu verhindern, eine Wachsschicht und kleine Poren oder tiefe Wurzeln, um an die letzten tieferliegenden Wasserreserven zu gelangen. Wir haben extra einen Online-Kurs zur Pflanzplanung entwickelt. Er heißt „Sonnenflut“ und man lernt Pflanzplanung für den trockenen Standort. Auch in der Pflanzenreich App gibt es einen Filter, um trockenheitsliebende Pflanzen zu ermitteln.

Tipps

Es geht sicherlich einigen unser Leser*innen so, dass sie schon viele schöne Gärten im Internet, in Magazinen oder sogar in der Nachbarschaft gesehen haben und sich etwas ähnliches bei sich zu Hause wünschen. Aber von der Planung über den Anbau bis hin zur Pflege gibt es viel zu bedenken und man traut sich ein derartiges Unterfangen aus mangelnder Erfahrung vielleicht nicht zu. Was würden Sie unseren Leser*innen raten, um den Mut zu finden, loszulegen? Wo können sie am besten anfangen?

Der beste Rat ist sicher, sich an einen Profi zu wenden. Hier sollte man sich aber Referenzen zeigen lassen und schauen, ob man zusammenpasst und ob der Profi, wirklich Profi ist. Eine Liste der Landschaftsarchitekten aus den Regionen findet man in den Listen der Architektenkammern, eine Liste der Garten- und Landschaftsbaubetriebe findet man hier https://www.galabau.de. Wenn man Lust hat sich mit seinem Garten selbst auseinander zu setzen, braucht man Muße und Zeit und die Bereitschaft etwas auszuprobieren und Rückschläge hinzunehmen.

Auch auf meinem Blog gebe ich Erfahrungen weiter und ich habe Online-Kurse entwickelt, die den gärtnernden Menschen helfen, ihr eigenes Staudenbeet zu planen. Es gibt einen Online-Kurs „Rosenallianz“, der mit der bekannten Rosenbaumschule Kordes entwickelt wurde. Hier geht es um die Pflanzplanung mit Stauden und Rosen. Ein anderer Online-Kurs ist der bereits genannte „Sonnenflut“ Kurs, der gemeinsam mit der Staudengärtnerei Gaissmayer entstand. In beiden Kursen wird Schritt für Schritt erklärt, wie man sein eigenes Beet pflanzt. Die Kurse in Kombination mit der Pflanzenreich App sind eine wertvolle Kombination.

Vielen Dank

Durch Ihre Expertise haben wir herausgefunden, welche Bedeutung der eigene, grüne Grund und Boden haben kann und wie man ihn auch in Zeiten der Dürre richtig pflegt. Ebenso wissen wir jetzt Bescheid, wie wir auch ohne fremde Hilfe anfangen können, den eigenen Garten umzugestalten. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

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