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Interview mit Inka Aniol

Zuletzt aktualisiert am 5. Oktober 2022 von vik_admin

(Bio)
Inka Aniol
Schriftzug in Schreibschrift "Just Relax"
Wir sprechen heute über die Wohnpsychologie und erfahren, wie sich unsere Wohnumgebung positiv auf unsere Lebensqualität auswirken kann. Dazu haben wir Inka Aniol im Interview.
Inka Aniol

Einstieg

Hallo Frau Aniol, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, um uns als Expertin zum Thema “Einrichtung” ein paar Fragen zu beantworten. Sie sind Wohnpsychologin und beraten Menschen dabei, sich ein Zuhause zu schaffen, dass optimal zu ihren individuellen Bedürfnissen passt. “Authentisch wohnen, glücklich leben”, wie Sie es beschreiben. Ihr psychologischer Hintergrund bietet dafür eine sehr gute Basis.

Sie haben Wirtschaftspsychologie studiert und interessante Erfahrungen in der Wirtschaft gesammelt. Welche Elemente Ihres Studiums sind für Ihre heutige Arbeit immer noch relevant beziehungsweise hilfreich?

Die Wirtschaftspsychologie beleuchtet das Erleben und Verhalten von Menschen im wirtschaftlichen Kontext. Sie stellt die Frage: Was bewegt Menschen und Organisationen? In der Personalentwicklung geht es beispielsweise darum, welche Persönlichkeit sich in welcher Umgebung am besten entfalten kann, um das eigene Potential optimal zu nutzen.

Für sich selbst und somit auch für das Unternehmen – eine Wechselwirkung, von der beide Seiten profitieren. Ähnlich ist es im Prinzip auch in der Wohnpsychologie. Sie untersucht und beantwortet die Frage, welches Wohn- bzw. Arbeitsumfeld so gut zu mir passt, dass ich authentisch und glücklich darin leben bzw. arbeiten kann.

Die Wohnpsychologie

Sie sind Expertin für Wohnpsychologie. Was bedeutet dieser Begriff und inwiefern kommen die Wohnbedürfnisse eines Menschen hier ins Spiel?

Die Wohnpsychologie ist Teil der Umweltpsychologie, genauer gesagt der Architekturpsychologie. Sie beschäftigt sich damit, wie Räume, ganz speziell unsere Wohnumgebung, auf uns wirken. In Anlehnung an die Maslowsche Bedürfnispyramide können wir sechs Wohnbedürfnisse ausmachen.

  1. Sicherheit
  2. Erholung
  3. Kommunikation
  4. Anerkennung
  5. Ästhetik
  6. Entfaltung

Meist sind zwei davon tendenziell stärker ausgeprägt als die anderen und infolgedessen besonders wichtig für uns. Wer beispielsweise ein starkes Kommunikationsbedürfnis hat, der tut sich Gutes, wenn er dies auch in seinem Wohnumfeld umsetzt. Also beispielsweise in Form eines großen Esstischs, ausreichender Sitzgelegenheiten und vielleicht auch eines Gästezimmers.

Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, eine Wohnung einzurichten. Man kann den Fokus auf den Nutzen setzen oder darauf achten, dass ein besonders harmonisches Gesamtbild existiert. Sie haben jedoch einen anderen Ansatz und haben sich auf die eben angesprochenen Wohnbedürfnisse der Bewohner*innen spezialisiert. Was bedeutet das für Ihren Beratungsprozess? Spielt die bereits erwähnte Wohnpsychologie hier eine große Rolle?

Nutzen, Funktion und ein harmonisches Gesamtbild schließen sich ja nicht aus. Es gibt ja auch alles in schön (lacht). In meiner wohnpsychologischen Beratung beleuchten wir im ersten Schritt die eigene Wohngeschichte: also vergangene Wohnsituationen, die aktuelle Wohnsituation, Wohnbedürfnisse und Wohnideale. Danach geht es um die Umsetzung der Wohnbedürfnisse, um ein stimmiges Wohn- und Lebensgefühl zu erreichen, das der eigenen Persönlichkeit entspricht.

Wem nun das angesprochene harmonische Gesamtbild sehr wichtig ist, für den wird auch das Wohnbedürfnis Ästhetik eine bedeutende Rolle spielen. Vielleicht sind Nutzen oder Komfort in dem Zuge nur zweitrangig und das bequeme Stuhlkissen auf dem Designklassiker hat das Nachsehen.

Ihre Arbeit

Sie bieten mit Ihrem Unternehmen einen Service an, der auch in Deutschland immer häufiger anzutreffen ist. Was genau kann man sich unter dem sog. „Home Staging“ vorstellen?

Home Staging hat das Ziel, die Verkaufszeit einer Immobilie zu verkürzen und sie zum bestmöglichen und gleichzeitig realistischen Preis zu verkaufen. Das Objekt wird hierfür vor dem Verkauf komplett eingerichtet. Auf diese Weise werden die Interessent*innen bei der Besichtigung vor Ort und auch schon beim Anblick des Exposés direkt emotional abgeholt. Sie können sich vorstellen, wie sich ihr Leben hier abspielt und welche Funktionen welcher Raum haben könnte. Es stellt sich bestenfalls nach wenigen Sekunden das „Hier will ich wohnen“-Gefühl ein.

Oftmals besichtigt man leere Wohnungen, schließlich liegt der Fokus beim Immobilienkauf ja auf dem Haus selbst und dessen Grundriss. Dennoch zeigt Ihr Service, dass die Einrichtung eines Hauses scheinbar elementar für das Wohlgefühl dort ist. Warum, glauben Sie, ist die Einrichtung der Umgebung so wichtig für den Menschen? Wie wirkt sie auf ihn?

Sowohl beim Home Staging als auch bei der Wohnpsychologie geht es um das Schaffen eines positiven Wohngefühls. Die eigene Wohnung ist ein wichtiger Teil unserer Identität. Wir merken einfach, wenn´s passt. Home Staging ist ein Instrument der Verkaufsförderung. Psychologie spielt natürlich auch hier eine Rolle. Die Interessent*innen sollen sich auf den ersten Blick in die Immobilie verlieben. Die Möblierung unterstützt die Vorstellungskraft und nimmt die Menschen gleich mit in eine besondere Wohnwelt, im besten Fall schon beim Eintritt durch das Gartentor.

Bei der Wohnpsychologie hingegen kommen Menschen mit einem individuellen „Wohnproblem“ auf mich zu und wünschen sich eine positive Veränderung, die in ihrer Wohnung beginnt und auch Einfluss auf andere Lebensbereiche hat. Das führt oft zu Aha-Erlebnissen. Wenn mir meine Klient*innen nach der Beratung begeistert von einem ganz neuen Wohn- und Lebensgefühl berichten, ist das das schönste Feedback für mich.

Die Wohnung als Spiegel des eigenen Charakters

Im Zuge Ihrer Arbeit besichtigen Sie auch immer wieder die Häuser und Wohnungen Ihrer Kund*innen. Wenn ich meine Wohnung nach meinen Bedürfnissen einrichte, sollte dies ja auch Rückschlüsse auf meine Person ermöglichen. Ist das für Sie als Wirtschaftspsychologin ein Stück weit ein Blick in die Köpfe der Kund*innen? Kann die Einrichtung der eigenen vier Wände viel über eine Person ausdrücken?

Ja, das kann man so sagen. Es ist immer wieder spannend. Man kann es nicht pauschalisieren, aber tendenziell kann ich recht schnell einschätzen, wer hier wohl wohnt. In einer Wohnung mit starken Farben lebt wahrscheinlich eine Persönlichkeit, die sich auch sonst gerne ausdrückt und die generell eher auffällt durch ihre Erscheinung oder die Art ihrer Kommunikation.

Wie kommt es, dass man Personen besucht, in dessen Wohnung man sich gar nicht wohl fühlt und dann wiederum andere Menschen trifft, in deren Häusern man sich gleich heimisch fühlt? Lässt dies vielleicht sogar Rückschlüsse darüber zu, wie gut ich mich mit der Person verstehe, die das Haus eingerichtet hat?

Wenn ich in ein Wohnumfeld komme und mich sofort wohl fühle, kann es daran liegen, dass der Mensch, der hier lebt, eine Persönlichkeit hat, die meiner eigenen ähnelt. Unsere Persönlichkeit ist ja ein bunter Blumenstrauß von ganz vielen verschiedenen Eigenschaften. Wenn wir beim obigen Beispiel bleiben und ich auch ein geselliger, kommunikativer Typ bin, dem Small Talk leicht fällt und der seine Energie eher aus dem Zusammensein mit anderen zieht, werde ich mich in einer farbenfrohen, ausdrucksstarken Wohnung ggf. eher wohlfühlen als jemand, der eine andere Persönlichkeitsstruktur hat. Andererseits ziehen Gegensätze sich ja auch an.

Probieren Sie es doch einfach mal bewusst aus und reflektieren Sie nach einem Besuch, wie Sie sich in unterschiedlichen Wohnungen fühlen und welche Beziehung Sie zu deren Bewohner*innen haben. Sehr spannend!

Gewichtung der eigenen Wohnbedürfnisse

Egal ob minimalistisch, opulent oder klassisch: Man hört immer wieder von verschiedenen Einrichtungsstilen. Existieren denn auch klassische Wohnbedürfnis-Typen? Kann man die Menschen und ihre Einrichtungswünsche durchaus in grobe Kategorien einteilen oder sind sie alle äußerst individuell?

In der Wohnpsychologie stehen die eigenen Wohnbedürfnisse an erster Stelle. Wer seine Wohnbedürfnisse kennt, kann sie danach in jedem Stil umsetzen, ob minimalistisch, opulent oder klassisch.

Wie kann ich denn persönlich herausfinden, was meine ganz eigenen Bedürfnisse im Hinblick aufs Wohnen sind? Welche Fragen sollte ich mir selbst stellen?

Denken Sie einmal über die sechs genannten Wohnbedürfnisse nach. Horchen Sie in sich hinein. Was bedeutet jedes einzelne Wohnbedürfnis für Sie? Bei dieser Reflexion werden Sie schnell feststellen, welches Wohnbedürfnis besonders wichtig für Sie ist. Nun können Sie überlegen, ob und in welcher Art dieses aktuell schon in Ihrer Wohnung umgesetzt ist. Nehmen Sie sich dazu eine halbe Stunde Zeit und machen Sie eine kleine Rundreise durch Ihre Wohnung. Am besten mit Stift und Papier; das schafft Klarheit. Nehmen Sie genau wahr, wie Ihre vier Wände jetzt gestaltet sind und was Sie verändern könnten, um einem bestimmten Wohnbedürfnis mehr Raum zu geben.

Tipps

Wir wissen jetzt, wie wir uns am besten darüber Klar werden, was für uns bei der Einrichtung unseres Heims Priorität hat. Für viele Menschen steht besonders die Entspannung im Vordergrund, wenn es um die Einrichtung des eigenen Zuhauses geht. Dabei kann Entspannung ja durchaus subjektiv sein. Worauf sollte ich achten, wenn ich ein besonders ruheförderndes Heim haben möchte? Haben Sie Tipps, welche Einrichtungsmöglichkeiten klassisch für einen Ort der Ruhe und der Ausgeglichenheit sorgen?

  • Textilien, Pflanzen und Holzpaneele können beispielsweise Schall und Hall reduzieren und für eine geräuschärmere Umgebung sorgen.
  • Gardinen und Rollos bieten Sichtschutz und Privatsphäre. Auch Raumtrenner können diesen Effekt unterstützen und kleine Inseln schaffen.
  • Mit natürlichen Materialien, wie z.B. Holz, Rattan und Kork wird es automatisch gemütlich.
  • Eine dezente Farbgestaltung, beispielsweise mit Sandtönen, hat eine ausgleichende Wirkung.
  • Der Blick in die Natur beruhigt uns und fördert die Konzentrationsfähigkeit. Das erreichen bereits Pflanzen in der Wohnung.
  • Mehrere Lichtquellen mit unterschiedlicher Intensität bieten die richtige Beleuchtung für verschiedene Tätigkeiten. Indirektes Licht unterstützt dabei besonders eine ruhige Atmosphäre.
  • Eine Umgebung, in der mein Blick frei durch den Raum fließen kann, bietet Entspannung für die Augen. Sie sind so nicht zu vielen aber auch nicht zu wenigen Reizen ausgesetzt.

Vielen Dank

Sie haben uns erläutert, welche verschiedenen Wohnbedürfnisse es gibt und, wie wir sie umsetzen können. Wir wissen jetzt, wie wir uns vor Augen führen können, was wir für ein entspannendes Zuhause brauchen, das genau auf unsere Ansprüche zugeschnitten ist. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

Gerne, danke ebenso und viel Freude beim Gestalten!

Inka Aniol (INKA ANIOL Wohnpsychologie & INKA ANIOL Home), Fotos: Verena Felder

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