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Interview mit Dirk Vollmer

Zuletzt aktualisiert am 30. September 2022 von vik_admin

(Bio)
dirk vollmer
Schriftzug in Schreibschrift "Just Relax"
Wir sprechen heute über das Konzept der Achtsamkeit und wie man mit ihr mehr Entspannung in seinem Alltag finden kann. Dazu haben wir Dirk Vollmer im Interview.
httpv://www.youtube.com/watch?v=ZzUgYWGOYdI
Dirk Vollmer

Einstieg

Im Rahmen unserer Interview-Reihe „Entspannen wie die Profis“ sprechen wir heute mit Dirk Vollmer. Er qualifizierte sich in vielen Fortbildungen und Weiterentwicklungen zum Coach und hilft seit 2014 den Menschen dabei, ihr Leben auf die richtige Spur zu bringen. Herzlich willkommen Herr Vollmer, möchten Sie sich erstmal kurz selbst vorstellen?

Ja, vielen Dank für die Einladung. Vielen Dank auch für die Möglichkeit, dass ich ein paar Worte zu mir selbst sagen darf, wobei das auch schnell ein bisschen komisch rüberkommen kann. Deswegen werde ich versuchen, mich relativ nüchtern auf die Fakten zu beschränken. Ich arbeite als Coach und als Trainer in dem Bereichen Kommunikation und Achtsamkeit, wobei Achtsamkeit auf jeden Fall der zentrale Punkt meiner Arbeit ist. Ich denke wir werden da auch gleich nochmal darüber sprechen, aber ich unterstütze grundsätzlich Menschen, die einen Veränderungswunsch in sich spüren. Die Menschen, die zu mir kommen, betrachten das nicht pathologisch und wollen nicht deswegen direkt zum Psychiater rennen, sondern möchten eher potentialorientiert in eine bessere Zukunft schauen. Ich glaube das trifft es ganz gut.

Danke für Ihre Vorstellung. Sie haben Sport und Geografie auf Lehramt studiert, aber bevor sie das abgeschlossen haben, haben sie sich doch für etwas anderes entschieden. Hat ihnen der Einblick in die Lehrerwelt etwas für Ihre Arbeit als Coach gebracht?

Das Spannende ist, dass mich dieses Bildungssystem nicht loslässt, also dass ich in meiner Arbeit mit Intuitionen und Einrichtungen ganz viel im Bildungsbereich unterwegs bin. Ich bin zwar kein Lehrer geworden, aber dieser Bildungsweg lässt mich einfach nicht los und das ist irgendwie etwas, was sich durch mein ganzes Leben zieht. Ich war überhaupt kein guter Schüler und ich hätte mir gewünscht, dass in der Zeit, wo die ganzen Fragen kommen, wie „Was willst du denn später mal machen?“, „Wohin soll deine Reise gehen?“, dass mir die Fragen klarer bzw. anders gestellt worden wären.

Das ist z.B. etwas, was ich immer noch anbiete in pädagogischen Einrichtungen wie Kitas und Schulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen: Ich sage dort: „Lasst uns den Blick darauf haben, wie wir die Wünsche von den Kindern bestmöglich aktivieren und gleichzeitig auch gucken, dass die Menschen, die im Bildungssystem arbeiten, also Lehrkräfte und Fachkräfte sozusagen einen guten Job haben und zufriedener nach Hause gehen“. Das zu kombinieren ist irgendwie geblieben, auch wenn ich jetzt selbst kein Lehrer geworden bin. Durch diese enge Zusammenarbeit und auch durch mein aktuelles Engagement in einer Gesamtschule in Köln durch ein Programm, das nach Corona entstanden ist, merke ich wie es ist, diese Inhalte, wie ich sie anbiete, auch in die Schule zu transportieren.

Achtsamkeit im Alltag

Sie haben es selbst gerade schon angesprochen, es findet sich aber auch auf Ihrer Webseite. Sie beschreiben Ihre eigene Coachingarbeit als achtsamkeitsbasiert: Was bedeutet für Sie persönlich Achtsamkeit? Und wie erleben Sie diese in Ihrem Alltag?

Die Achtsamkeit ist für mich die ergebnisoffene, herzliche Innenschau. Also Achtsamkeit wird auch oft mit Aufmerksamkeit verwechselt; bei der Achtsamkeit geht es jedoch darum, dass ich bei mir selbst anfange und mich selbst betrachte. Wir haben ein egozentrisches Weltbild und wir können alles nur aus unserer Perspektive betrachten und das dürfen wir auch. Die Frage ist immer: Was machen wir dann mit den Ergebnissen, die wir durch die Selbstbetrachtung erlangen? Das heißt, wenn wir von Achtsamkeit oder von achtsamkeitsbasierten Veränderungsprozessen sprechen, dass ich bei mir anfange und nicht in der Außenorientierung. Also nicht beim Partner, beim Arbeitgeber, bei der Familiensituation, sondern ich komme erstmal zu mir und frage mich selbst: Welche Gedanken sind da, welche Gefühle sind da, was spürt mein Körper?

Aus dieser wohlwollenden Haltung, ohne dass ich versuche es zu bewerten, entdecke ich auf einmal Potenziale und Wege, die ich gehen kann. Und deshalb glaube ich, es ist der zentrale Punkt des Bewusstseins, die Achtsamkeit zu schulen und dann effektiver, zielgerichteter und mit mehr Lösungsmöglichkeiten in eine andere, in eine bessere Zukunft zu schauen. Was vielleicht auch noch ganz wichtig zum Thema Achtsamkeit ist, ist das es hier nicht um eine Selbstoptimierung für jemand anderen geht, sondern einfach darum, mich besser kennenzulernen. Wenn ich das getan habe, kann ich umso stärker und umso besser auch meinen Ideen, meinen Wünschen und Vorstellungen von einem glücklichen und erfüllten, zufriedenen Leben nachgehen.

Die Arbeit an sich selbst

Sie haben es beim Einstieg schon mal durchblitzen lassen, dass Bildung schon immer einen großen Teil Ihres Lebens eingenommen hat und genau das sieht man auch in ihrem Lebensweg. 2018 war persönlich für Sie das Jahr der Fortbildung und der Weiterentwicklung. Auch heute noch freuen sie sich auf jede Erweiterung ihres Coaching Repertoires. Was würden Sie sagen: Wie wichtig ist die stetige Bewegung nach vorne und die kontinuierliche Arbeit an sich selbst in Sachen mentale Gesundheit und Wohlbefinden?

Ich denke, dass es für die Leser*innen besonders interessant ist zu wissen, dass es eigentlich nicht ohne geht. Also um die Frage noch mal zu ergänzen: Es ist immens wichtig und es gibt nichts Wichtigeres. Jetzt möchte ich das ein bisschen relativieren, weil ich jetzt schon wieder Stimmen höre, die sagen: „Ich habe doch noch ein ganz normales Leben und ich muss doch arbeiten gehen und ich habe doch …“. Das ist alles total verständlich. Ich glaube aber, wenn wir uns selbst verlieren und nicht kontinuierlich schauen, dass es uns gut geht, dann wird das Leben schwieriger statt leichter. Das liegt natürlich zum einen daran, dass wir durch die Coronakrise und durch den Ukrainekrieg ganz bewusst die Kehrseiten unseres Wohlstandslebens erleben. Wir erleben also Ängste, Gefahren und Unsicherheiten und sowas wie Zukunftsängste drängen da auf einmal in den Vordergrund. Ich glaube, dass es aus einer starken mentalen Gesundheit heraus leichter ist, sich solchen Lebenssituationen zu stellen und in stressigen Situationen reagieren die Menschen automatisch.

Das ist sozusagen ein Stressprogramm, das evolutionär angelegt ist und voll automatisiert abläuft. Wenn ich aber trainiere in unkritischen Situationen, mich also sozusagen schon darauf einstelle und mit solchen Möglichkeiten mental arbeite, bin ich in stressigen Situationen viel besser dafür gerüstet. Wenn man es zum Beispiel auf den Sport runterbrechen würde: Es ist klar, dass wenn morgen ein Marathon ist, dass es viel sinnvoller ist auch schon zu trainieren, bevor der Marathon stattfindet. Das können wir natürlich auch machen und deswegen ist es wichtig, die mentale Gesundheit auch sukzessive, permanent und kontinuierlich als Routine, ähnlich wie das Zähne putzen, in den Alltag einzubauen. Dann ist man in Krisensituationen viel besser gerüstet.

Tipps

Das Thema haben sie jetzt ganz gut angeschnitten und es führt auch schon zu meiner letzten Frage: Haben Sie vielleicht einen Tipp für unsere Leser*innen, wie sie mit dem Stress persönlich in ihrem Alltag umgehen können? Also gibt es eine simple Methode, die man anwenden kann, wenn man sich mit dem Thema noch nie auseinandergesetzt hat?

Ja, die gibt es natürlich und ich gebe Ihnen gerne etwas mit auf dem Weg. Das ist natürlich ein Riesenspielfeld und es gibt viele Methoden, aber um es ganz einfach zu machen und für jeden umsetzbar, habe ich folgendes: Es geht jetzt nicht darum, sich morgens zwei bis drei Minuten abzuklopfen und auf die Atmung zu achten und die Gedanken, die da ablaufen, zu werten. Vielmehr ist es eine einfache Übung, wenn Sie Stress erleben, sich einfach mal zwei Schritte gedanklich zurückzusetzen.

Egal ob man dann sitzt oder steht, einfach mal innehalten, die Augen schließen und ganz bewusst fünf tiefe Atemzüge nehmen. Also wirklich ganz tief in den Bauch atmen, sodass er sich wie ein Ballon füllt und genau so tief und langsam ausatmen. So ein Atemzug darf dann so fünf bis sieben Sekunden beim Einatmen dauern, am besten ein Ticken länger beim Ausatmen. Wir bemerken, wenn wir das machen, dass wir uns automatisch beruhigen. Weil ich eben anders atme als normal, muss ich mich auf die Atmung fokussieren und komme so aus dieser Stresssituation mental heraus. Es ist eine wunderbare Übung, für die man keine Hilfsmittel braucht. Man kann sie überall anwenden und sie ist auch etwas Wunderbares, weil sie das parasympathische System aktiviert und dadurch für viel Ruhe und Entspannung sorgt.

Vielen Dank

Das werde ich mir auf jeden Fall für das nächste Mal merken, wenn ich selbst in so eine Situation komme, in der ich das gut gebrauchen könnte. Danke, dass sie sich Zeit genommen haben für das Gespräch und dass Sie uns mitgenommen haben in die Welt der Achtsamkeit und der Stressreduktion.

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