Einstieg
Willkommen zurück auf unserem Home & Relax Kanal. Ich hoffe, dass ihr alle ausgeschlafen seid, denn darum soll es heute in dieser Folge gehen. Schlafexperte Herr Kamps wird uns heute ganz viel über das Thema erzählen und uns Tipps geben, wie man vielleicht noch besser schlafen kann. Hallo Herr Kamps, Sie können sich aber erstmal gerne selbst vorstellen.
Ja gerne. Also mein Name ist Markus Kamps. Ich bin Präventologe und Schlafcoach, aber auch Fachdozent für Bettwaren. Schlafen ist meine Leidenschaft. Wir sind im betrieblichen Gesundheitsmanagement aktiv, das heißt, wir unterrichten Mitarbeiter in Firmen zum Thema Schlafen in Workshops, betreuen aber auch Einzelsportler und Führungskräfte. Schlafen ist demnach ein ganz wichtiges Thema, nicht nur für uns – immerhin kommt 70% der Gesamtgesundheit durch guten Schlaf.
Lebensqualität durch Schlaf
Sie haben ja selbst erwähnt, dass Sie ein Schlafcoach sind. Wie schaffen Sie es, so vielen Menschen mehr Lebensqualität zu bringen?
Ja, eine schöne Frage. Ganz einfach. Lebensqualität hat ja auch mit Lebensfreude zu tun und Lebensfreude hat mit guter Laune zu tun und gute Laune hat mit ausgeschlafen sein zu tun. Sie haben bestimmt noch keinen gesehen, der morgen ganz muffelig durch die Gegend läuft und der sich dann gut fühlt. Nein, wenn man gut ausgeschlafen ist und auch dem Schlaf die Zeit lässt, dann ist das positiv für Körper, Geist und Seele. Wenn man so will, ist Schlaf eigentlich Lebensenergie und gibt Lebensqualität.
Unsere Interviewreihe heißt ja „Entspannen wie die Profis“. Was bedeutet denn Entspannung für Sie?
Entspannung ist ja die Basis, um überhaupt abzuschalten und leider gibt es gerade in der aktuellen Phase viele Leute, die gar nicht mehr entspannen können, weil sie viele Bilder oder Gedanken im Kopf haben. Sie haben Angst vor der Zukunft, Angst im Beruf oder die Angst allgemein und deswegen ist es so wichtig, auch entspannen zu können. Das bildet einen wichtigen Gegenpol, damit das Gemüt abschalten kann, denn bei vielen ist ja so ein Kopfkino da. Das Gedanken-Karussell abschalten zu können, ist Entspannung und das hat wirklich auch mit Schlaf und mit einschlafen können zu tun. Und ganz ehrlich? Manchmal funktioniert das bei mir auch nicht, das muss ich selbst üben, üben, üben, aber da gibt es ein paar Tricks. Was man machen kann, nämlich möglichst tagsüber schon, ist in die Entspannung zu gehen und nicht erst abends. Man muss also verstehen, dass der Schlaf, wenn ich ihn haben möchte, tagsüber schon beginnt, also mit dem Verhalten und nicht erst abends. Viele fangen erst abends an, gut zu überlegen, was sie tun können, um ihren Schlaf zu verbessern. Aber der gesamte Tag war schon so voller Stress, dass ich gar nicht mehr runterfahren kann. Also Entspannung ist der erste Weg für Ruhe und Ruhe ist der erste Weg des Loslassens. Loslassen und abschalten heißt dann wiederum, dass ich gut in den Schlaf komme.
Schlafstörungen
Viele Menschen sind von Schlafstörungen betroffen. Wie wirkt sich denn so eine Schlafstörung auf unsere Gesundheit aus?
Definitiv ganz stark, aber hier müsste man einfach differenziere: Was ist eine Schlafstörung? Eine echte Schlafstörung liegt erst vor, wenn ich 3 Wochen am Stück, 3 Tage in der Woche auch mindestens 3 Stunden wirklich entweder wach gelegen habe oder mich hin und her gewälzt habe. Jetzt kommt das Wichtigste: Es gibt zusätzlich Tageseinbußen bei der Leistungsfähigkeit und bei der Aufmerksamkeit. Nur wenn das zusammenkommt, dann habe ich eine wirkliche Schlafstörung und die Schlafmedizin differenziert 88 Arten von verschiedenen Schlafstörungen. Viele haben eine Schlafbesonderheit, haben einfach ein Problem, den Kopf loszulassen oder eben gutdurchzuschlafen. Es gibt auch Sondererkrankungen, wie beispielsweise zuckende Beine oder eben Schlafapnoe, das Schnarchen mit Atemaussetzern. Das wären halt schon wieder Schlaferkrankungen und deswegen sind Schlafstörungen sehr vielschichtig.
Aber nochmal die Frage: Was hat das mit der Gesundheit zu tun? Jede Menge nämlich; wenn man schlecht schläft, dann geht es aufs Hirn, also die Problemlösungs-Strategien sind nicht mehr da. Es geht auf die Verdauung, wir haben praktisch keine so gute Verdauung und wir wachen manchmal auch nachts mit Heißhunger auf – daran erkennt man das manchmal. Es geht auf die Hormonlage. Wenn man zu kurz schläft, hat man keine großartige Immunabwehr-Reaktion. Tatsächlich haben alle, die unter 6 Stunden schlafen, ein vier- bis sechs-fach erhöhtes Risiko einer Infektanfälligkeit und dann noch das Herz-Kreislauf-System, das leidet eben auch. Zusammengefasst: Wer Schlafstörungen hat oder längerfristig schlecht schläft oder den Schlaf nicht ernst nimmt, zieht das Gehirn in Mitleidenschaft, die Verdauung, die Hormone, das Gemüt, das Immunsystem und das Herz-Kreislauf-System. Andersrum gesagt: Wer gut schläft, hat in all diesen Faktoren auch positive Effekte für den Körper, Geist und Seele. Ich glaube, an dieser Stelle werden sich ganz viele ertappt fühlen.
Jetzt ist die Frage, wenn man das nun hat, kann man etwas tun, damit man erholsamen Schlaf bekommt? Jeder kann anfangen und man braucht auch nicht immer unbedingt einen Schlafcoach. Es gibt natürlich viele, die sagen: Ich brauche eine Begleitung und ich krieg das irgendwie nicht hin. Ich will immer anfangen, aber es funktioniert nicht. Da macht es schon Sinn, mit jemanden an der Seite das Durchzumachen und Schritt für Schritt anzugehen. Aber jeder kann auch selbst was tun. Der einfachste und wichtigste Punkt ist ja, zu Bett zu gehen, wenn ich müde bin. Also das ist das, was jeder machen kann. Wir nennen das bei uns „M-17“. „M“ steht für Müdigkeit und „17“ steht für länger als 17 Minuten hast du keine Zeit. Mit einfachen Worten: Wenn jemand müde ist, muss er innerhalb von 17-20 Minuten zu Bett gehen und nicht noch Netflix gucken, nicht noch die Mülltonnen an die Straße bringen, nicht noch irgendwelche Mails checken oder irgendwas anderes machen, sondern wirklich zeitnah zu Bett gehen. Ansonsten liegt er im Bett und kann nicht einschlafen, weil er den gesunden und idealen Zeitpunkt verpasst hat.
Funktionen des Schlafs
Gehen wir nun ein bisschen auf den Schlaf an sich ein? Welche Prozesse finden denn beim Schlafen statt?
Eine Menge. Generell haben wir diese Schlafphasen und Schlafzyklen. Wir haben den leichten Schlaf, den mitteltiefen Schlaf, den Tiefschlaf. Im Tiefschlaf fangen bestimmte Stoffwechsel-Prozesse an, Testosteron wird ausgeschüttet. Alles, was die Hormonlage und das Herz betrifft, sowie die Atmung verändert sich. Sie wird flacher, sie wird ruhiger. Man kann sich das eigentlich sehr gut wie einen großen Supermarkt vorstellen. Wenn der Laden geschlossen wird, denken alle, dass da nichts mehr passiert; tatsächlich geht es jetzt erst richtig los mit der Arbeit: Flure werden gewischt, es werden Reparaturen vorgenommen, Regale werden neu aufgefüllt, Mitarbeiter besprechen sich untereinander – all das, was beim Supermarkt hinter der Tür passiert. Das ist in unserem Körper auch da. Also beim Schlaf werden eben Reparaturarbeiten gemacht. Es werden Zellen erneuert, es wird Stoffwechsel-Aktivität aufgebaut, es werden bestimmte Hormone hochgefahren, andere werden runtergefahren und das passiert alles während der Nacht. Wenn wir eben schlecht schlafen oder in der Nachtschicht sind, dann passiert das eben alles nicht und dann hat es eben eine Auswirkung auf die Gedankenspeicherung, die dann nicht mehr funktioniert. Besonders auch Stress und Stressoren werden beeinflusst und infolgedessen der Cortisol-Spiegel. Deswegen ist es auch ein guter Tipp, dass alle, die ein bisschen Schwierigkeiten haben mit dem Schlaf, sich wirklich mal mit ihrem Hormonhaushalt auseinandersetzen.
Tipps
Das klingt super interessant, ich hätte noch eine aller letzte Frage: Was sind Ihre 3 besten Tipps, um Stress zu vermeiden?
Ja, sich selbst erstmal nicht so ernst nehmen, aber den Schlaf ernster nehmen, das wäre schon mal der erste Tipp. Dann wäre wichtig, tagsüber vielleicht ein kleines Tagebuch zu schreiben und dann schon mal die Sachen aufzuschreiben, die einen ärgern. Was war gut, was war schlecht? Wenn ich das praktisch schon tagsüber mache, ist abends weniger übrig und ich kann besser in den Schlaf hineingleiten. Für alle, die wirklich viel Stress haben und auch eine negative Kopplung zum Job, wäre es toll, wenn sie nach Hause kommen, die Kleidung zu wechseln, einfach in eine andere Situation zu schlüpfen oder direkt duschen zu gehen. So kann man Negatives abspülen, das ist schon mal eine gute Entkoppelung. Dann helfen natürlich manchmal auch warme Füße, Bäder oder generell ein Bad. Immer wieder erholsam und entspannend ist ein Spaziergang in der Natur – alleine oder mit einem Partner.