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Interview mit Olivia Müsseler

Zuletzt aktualisiert am 3. Oktober 2022 von vik_admin

(Bio)
Olivia Müsseler
Schriftzug in Schreibschrift "Just Relax"
Wir sprechen heute über das Huhn als (Haus)Tier und was man bei der Haltung alles beachten muss. Dazu haben wir Olivia Müsseler im Interview.
Olivia Müsseler

Einstieg

Hallo Frau Müsseler, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, um uns als Experte zum Thema “Garten” ein paar Fragen zu beantworten. Sie sind gewissermaßen eine Expertin zum Thema Huhn und beraten seit längerer Zeit Menschen, wenn es um die Auswahl des richtigen Huhns und die verantwortungsvolle Haltung geht.

Die Wahl Ihres Studienfachs ist ja dabei durchaus ungewöhnlich. Sie haben Agrarwissenschaften studiert und wollten später vor allem mit Kühen arbeiten. Woher stammt Ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft und die Natur allgemein?

Seit ich mich erinnern kann, habe ich schon von einem eigenen Bauernhof geträumt. Anstatt auf den Spielplatz zu gehen, haben wir immer im Wald gespielt – Frösche küssen im Tümpel und Blindschleichen fangen (und wieder frei lassen) inklusive. Als es nach dem Abitur darum ging, was ich studieren möchte, bin ich eher zufällig zu den Agrarwissenschaften gekommen. Fest stand, dass ich gerne etwas mit Tieren und Pflanzen machen möchte, aber auf keinen Fall Biologie. Meine Cousine kannte dann jemanden, die Agrarwissenschaften studiert hat und ich habe mich einfach dazu eingeschrieben, ohne zu wissen, was mich genau erwartet.

Im Laufe des Studiums änderte sich Ihr Fokus von den Kühen weg und hin zu den Hühnern. Was fasziniert Sie so an diesen Tieren? Was macht sie einzigartig?

Mein Onkel hatte Hühner als ich ganz klein war. Ansonsten hatte ich gar keine Berührungspunkte zu Hühnern. Trotzdem habe ich mit 11 oder 12 versucht, Eier aus dem Supermarkt auf der Heizung auszubrüten. Das ging natürlich nach hinten los. Im Studium thematisierten die Dozenten an der Uni nur Milchvieh und Schweine. Nach einem Praktikum auf einem Milchviehbetrieb war ich total begeistert von den lieben Kühen. Doch als ich dann im Masterstudium einen Kurs über Geflügelwissenschaften belegt hatte, wusste ich, dass ich angekommen war.

In Ihrem Job haben Sie ständig mit Hühnern zu tun und beschäftigen sich mit der Landwirtschaft. Wie sieht es bei Ihnen zu Hause aus? Spielt das Thema Natur und Garten eine große Rolle in Ihrem Privatleben?

Ich verbringe sehr gerne Zeit im Garten und liebe es, Beerenobst anzubauen, zu ernten und zu verschlingen. Aber auch Gemüse und Blumen habe ich sehr gerne in meinem Garten. Je bunter, desto besser. Um die Vielfalt zu fördern, habe ich verschiedene Blumen gepflanzt, sodass es das ganze Jahr über bei mir blüht. Mit einem Wildbienenhotel konnte ich bereits erste Erfolge erzielen. Es ist gut besucht und etwa die Hälfte ist bereits belegt. Zusätzlich halte ich auch eigene Hühner und die Gartengestaltung spielt eine essenzielle Rolle, wenn dort nicht nach kurzer Zeit eine Wüste herrschen soll.

Das Huhn als Haus- und Hoftier

Wenn man an Hühner denkt, dann kommt einem ja meistens das Bild von gigantischen Hallen in den Kopf, die vollgestopft sind mit Hühnern, die sich kaum bewegen können. Man hat also vor allem das industrielle Bild vor Augen. Welche Bedeutung nimmt das Huhn denn im Privatbereich ein? Gibt es viele Menschen in Deutschland, die Hühner aus Privatzwecken halten?

Das Huhn war während des Lockdowns das Trendhaustier schlechthin. Das hat natürlich Vor- und Nachteile. Ich freue mich natürlich sehr, dass sie an Beliebtheit dazu gewonnen haben. Hühner sind großartige Haustiere. Doch bei unüberlegter und vorschneller Anschaffung kann es bei Hühnern zu massiven Problemen kommen. Tierwohl kennt keine Haltungsgröße und leider bekomme ich auch Negativbeispiele bei der privaten Haltung mit. Immer mehr Hühner landen auch im Tierheim, da sie nicht in den Urlaub mitgenommen werden können oder weil unüberlegt Küken ausgebrütet wurden und man nicht weiß, was mit den Hähnen geschehen soll. Im Tierheim haben Hühner aber selbstverständlich nichts zu suchen. Diese sind für die spezielle Haltung von Hühnern nicht ausgelegt. Zum Glück überwiegen aber die Positivbeispiele in der privaten Hühnerhaltung.

Das klingt so, als ob der Besitz eigener Hühner mit einem nicht geringen Ausmaße an Arbeit verbunden ist. Welche Möglichkeiten und Vorteile bieten denn aber eigene Hühner für die Privatperson? Kann das Halten und Pflegen dieser Tiere zur Entspannung und zur Ausgeglichenheit beitragen?

Natürlich machen Hühner Arbeit. Man geht eine Verpflichtung den Tieren gegenüber ein und Ausreden der mangelnden Motivation oder der schlechten Verfassung ziehen hier nicht. Allerdings geben Hühner ihren Halter*innen auch sehr viel zurück. Sie sind lustig und alle Halter*innen, die ich kenne, verbringen gerne Zeit mit den Tieren. Ich glaube es liegt an unserer inneren Einstellung, ob die Arbeit stressig und anstrengend oder schön und entspannend ist. Für mich ist sie definitiv ein Ausgleich und kein Stress.

Es gibt sicher Menschen, die auf den ersten Blick nicht nachvollziehen können, warum man sich Hühner halten wollen würde. Was sagen Sie diesen Menschen, um Ihre Leidenschaft verständlich zu machen? Wie zeigen Sie Ihnen auf, was das Besondere daran ist, eigene Hühner in seinem Garten herumstolzieren zu sehen?

Mir begegnen ehrlich gesagt mehr Menschen, die auch gerne Hühner hätten, als Menschen, die das schräg finden. Wenn jemand Hühner nicht mag, dann ist das für mich auch in Ordnung. Nicht jeder muss meine Leidenschaft teilen. Wer sich dafür interessiert, dem erzähle ich gerne wie lustig und intelligent Hühner sind.

Herausforderungen in der Hühnerhaltung

Ein Huhn hat in einer 1-Zimmer Wohnung nichts zu suchen. Wie viele andere Tiere brauchen Hühner Platz und vor allem die Natur, um ein gesundes Leben zu führen. Darf sich denn theoretisch jeder einfach so Hühner zulegen? Gibt es keinerlei Kontrollen vor- oder nachher?

Grundsätzlich darf sich jeder Hühner anschaffen. Natürlich gilt hier aber das Tierschutzgesetz, welches die grundlegenden Rechte der Tiere beschreibt. Dort steht zum Beispiel, dass wir unsere Tiere ihren arteigenen Bedürfnissen entsprechend halten und ernähren müssen. Die Ernährung ist ein Punkt, der manchmal teilweise oder komplett falsch gemacht wird. Negative Folgen gibt es dann sowohl kurz- als auch langfristig. Zusätzlich müssen Hühner bei der Tierseuchenkasse und beim Veterinäramt gemeldet werden. Die Tierseuchenkasse erhebt eine kleine jährliche Gebühr, um die Folgen von Tierseuchen wie beispielsweise die Geflügelpest aufzufangen. Weiterhin ist die Impfung gegen die Newcastle Krankheit verpflichtend. Hier sollte man sich auch vor der Anschaffung informieren, wo Hühner geimpft werden können. Häufig geht es alle drei Monate über einen lokalen Geflügelzuchtverein und in seltenen Fällen über Tierärzte. Nur die wenigsten behandeln Hühner und haben dementsprechend keinen Impfstoff.

Jeder von uns kennt es, von seinem Wecker geweckt zu werden, obwohl man am liebsten noch ein wenig geschlafen hätte. Umso schlimmer, wenn der Wecker unberechenbar und auch gerne mitten in der Nacht losgeht. Was gilt es besonders bei der persönlichen Haltung von Hähnen zu beachten, damit die eigene Ruhe und Entspannung sowie die der Nachbarn so wenig wie möglich gefährdet ist?

Über Hähne gibt es häufiger Streit. Hier gilt das Gebot der Rücksichtnahme. Bei zu kleinen Gruppen mit nur wenig Hennen würde ich generell keinen Hahn empfehlen. Ein Hahn ist aber je nach Nachbarschaft trotzdem machbar. Es kommt da sehr individuell auf die Menschen an, die dort leben. Wenn es funktioniert, dann ist der Hahn ein echter Zugewinn für die Hühnergruppe. Sollte es Streit geben, dann sollte man drüber nachdenken den Hahn z.B. im eigenen Haus oder Keller schlafen zu lassen und morgens wieder in die Gruppe zu setzen. Die Bauart des Stalles, sowie die Lüftung sind die häufigsten Schwachstellen der Hühnerställe, weshalb sie die Hähne dann die Nachbarschaft beschallen.

Tipps

Angenommen einige unserer Leser*innen könnten sich jetzt vorstellen, sich auch Hühner zuzulegen. Welche Fragen sollten sie sich zu Beginn selbst stellen und worauf sollten sie achten?

Auch wenn es verlockend ist viele Hühner zu halten: Weniger Hühner sind manchmal mehr. Es hilft nichts, wenn der Auslauf schnell langweilig wird. Für eine normale Familie reichen 3 – 5 Hühner aus. Da kranke Hühner schnell sehr teuer werden können, richtet sich die Anzahl der Hühner auch nach dem finanziellen Budget. Der Stall sollte von guter Qualität sein und der Auslauf gesichert vor Fressfeinden vom Boden und aus der Luft. Im Vorhinein sollte geklärt werden, welcher Tierarzt im Notfall Hühner behandelt und welcher nicht. Mit gutem Futter und etwas Einlesen in die Hühnerhaltung wird man sehr viel Freude haben. All die Mühen werden definitiv belohnt werden.

Vielen Dank

Durch Ihre Expertise haben wir herausgefunden, wie aufregend die Haltung von Hühnern sein kann und wissen jetzt, welche ersten Schritte unternommen werden sollten, wenn man selbst einen Hühnerwunsch hegt. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

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