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Interview mit Katharina Semling

Zuletzt aktualisiert am 30. September 2022 von vik_admin

(Bio)
Katharina Semling
Schriftzug in Schreibschrift "Just Relax"
Wir schauen uns heute die Motive an, die Menschen dazu antreibt, ihr Zuhause ganz individuell einzurichten. Dazu haben wir Katharina Semling im Interview.
Katharina Semling

Einstieg

Hallo Frau Semling, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, um uns als Experte zum Thema “Einrichtung” ein paar Fragen zu beantworten. Sie haben im Laufe Ihres Lebens schon in Werbeagenturen, Designbüros und bei freien Künstlern gearbeitet. Seit dem Abitur ist Ihre Karriere auf den Reiz der äußeren Schönheit gerichtet.

Sie haben nämlich recht früh in Ihrer Laufbahn Design in Münster studiert. Ist der Sinn für Ästhetik und Design etwas, das man wirklich lernen kann oder muss man dafür ein Gespür besitzen? Liegt es Ihnen persönlich „im Blut“?

Also zumindest in Münster an der Fachhochschule Fachbereich Design konnte man das sehr gut lernen. Wir hatten neben den praktischen Fächern wie Bildhauerei, Aktzeichen, Buchbinderei, etc. ebenso viele Fächer, die theoretisches Wissen vermittelt haben. Hierzu gehörten Kunstgeschichte, Wahrnehmungspsychologie, Materialkunde, etc. Es gab eigentlich für jedes Handwerk die passende Werkstatt und für jede Frage das passende theoretische Fach. Ein Studium wie aus dem Bilderbuch.

Zudem schreibt man sich glaube ich grundsätzlich für einen Studiengang ein, der einem liegt. Ich persönlich bin irgendwie als Gestalterin geboren worden. Habe immer schon gemalt und gebastelt, bei Freundinnen die Kinderzimmer umgestellt und alles und immer gestaltet.

Ihr Leben und Ihre Arbeit

Die vielfältigen Kompetenzen Ihres Studiums können Sie demnach durchaus gut in Ihrer Arbeit nutzen. Sie bieten Ihre Expertise in vielen verschiedenen Bereichen an. So helfen Sie unter anderem Unternehmen dabei, ein Event unvergleichlich zu machen und designen die Innenräume von Gastronomiebetrieben. Darüber hinaus beraten Sie sogar Ihre Kund*innen beim Produkt-Design. Welche unterschiedlichen Herangehensweisen haben Sie bei den einzelnen Projekten und was ist Ihre „Lieblingsarbeit“? Welcher Designprozess macht Ihnen am meisten Spaß?

Der Gestaltungsprozess ist eigentlich immer wieder erstaunlich gleich. Egal was es zu gestalten gibt. Die Herangehensweise ist immer in 3 Bereiche gegliedert:

  1. Informationen sammeln.
  2. Den Prozess durchlaufen, brainstorming, alle Ideen zulassen und durchspielen.
  3. Daraus die “Rosinen rauspicken”.

Also aus den gefundenen Lösungsansätzen die besten auswählen und zu einem Gesamtkonzept zusammenfügen. Zum Schluss fasst man das Ganze noch schriftlich und falls nötig zeichnerisch zusammen und dann hat man es. Das kann bei einer Expressberatung in zwei Stunden erledigt sein, sich aber natürlich auch bei sehr komplexen Aufgaben über einen großen Zeitraum bewegen. Mein Beruf ist wunderbar abwechslungsreich. Jeder Kunde, jede Aufgabe, jeder Ort ist anders. Das macht wirklich sehr viel Spaß.

Für jeden Kunden, jede Kundin das genau Richtige zu entwickeln ist sehr reizvoll und macht mich wirklich glücklich. Vor allem weil auch die Kunden glücklich sind, wenn die passenden Lösungen gefunden werden. Das spiegelt sich dann wieder. Auch diese Momente, wenn die Lösungen und Ideen “einfallen”, sind sehr schön. Im Hintergrund steckt natürlich sehr viel stetige Arbeit dahinter. Aber dann kann man auch punktgenau “abliefern”.

Die Abwechslung, die Sie jetzt in Ihrem Beruf praktizieren, haben Sie auf unvergleichliche Weise in verschiedensten Kulturen selbst erlebt. Mehr als 2 Jahre haben Sie die Welt bereist und dabei Länder wie Australien, Neuseeland und Kanada besucht. Haben Sie während dieser Zeit in Ihrem Leben Dinge gelernt und Erfahrungen gemacht, die sich jetzt noch auf Ihre Arbeit auswirken?

Natürlich. Die Erfahrungen aus der Zeit bereichern mich jeden Tag. Erst mal sind die Neuseeländer, Australier, Samoaner und Kanadier sehr positive und offene Menschen. Das liegt mir sehr und hat sich in meinem Wesen sehr verfestigt. Ich musste mich in der ersten Zeit hier in Deutschland erst mal an die deutsche Zurückhaltung und ein gewisses “Grundjaulen” gewöhnen. Zudem lernt man auf einer längeren Reise, wie unterschiedlich Menschen sehen und empfinden können. Und man lernt sich dem anzupassen und durch die Augen der anderen zu sehen. Das hilft enorm in meinem “Alltag”.

Einfluss der Kultur auf die Wohnumgebung

Sie können durch Ihre Weltreise-Erfahrungen bestimmt bestätigen, dass sich die Kultur einer Bevölkerung nicht nur in der Sprache und in den Gebräuchen zeigt, sondern vermutlich auch in ihrer Bauweise. Gibt es grundlegende Unterschiede im Design von Häusern und Räumen zwischen unterschiedlichen Kulturen? Was ist „typisch deutsch“ in der Einrichtung?

Ich erinnere mich an ein Erlebnis an einem neuseeländischen Strand. Dort haben Kinder Sandburgen gebaut. Die sahen völlig anders aus als deutsche Sandburgen. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Jede Kultur hat andere Wurzeln, viel leitet sich aus der Natur ab, viel aus der Geschichte. Das ist unglaublich interessant. Als typisch Deutsch kann ich aber wenig ausmachen. Vielleicht dass man nicht auf dem Boden sitzt wie in anderen Kulturen und dass die Häuser meist sehr solide gebaut sind. In Neuseeland und Australien habe ich dafür besonders die wunderschönen Holzböden geliebt.

Entspannen in Zeiten von Home-Office

Auf jeden Fall typisch Deutsch, zumindest als Klischee, ist die Liebe zur sorgfältigen Arbeit, von der auch unser Zuhause nicht verschont bleibt. Nicht zuletzt durch die andauernde Pandemie hat das Home-Office an Bedeutung und Beliebtheit gewonnen. Das Paaren von Arbeit mit dem Privatleben erscheint aber grundlegend widersprüchlich. Was ist hier Ihre Meinung als Expertin? Kann die mentale Trennung zwischen Anstrengung und Entspannung trotz der fehlenden örtlichen Separation funktionieren?

Es macht hier Sinn in “Inseln” zu denken. Die Arbeitsinsel sollte schon für sich stehen können und nach Möglichkeit auch irgendwie optisch abtrennbar sein. Falls das nicht möglich ist und man am Küchentisch arbeiten muss, hilft es, eigene Boxen für den “Bürokram” zu haben, die man auch fix zusammenpacken und wegräumen kann, wenn sie gerade nicht benötigt werden und die Pasta den Tisch übernimmt. Auch hier sind Menschen unterschiedlich und benötigen individuell mehr oder weniger Abgrenzung.

Man arbeitet oftmals am Küchentisch neben dem Frühstück von heute Morgen, checkt die Mails auf der Couch oder stellt sich kurzerhand einen Schreibtisch ins Schlafzimmer. Hat das Arbeiten in unseren Ruhezonen eine Auswirkung auf unser mentales Befinden? Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die im Home-Office arbeiten, damit sie eine gute Trennung zwischen zwei verschiedenen Lebensbereichen erzielen können?

Das ist fließend. Es gibt Menschen, die es entspannt, immer mal eben schnell zwischendurch etwas abarbeiten zu können. So ist der Berg der 1.000 Kleinigkeiten nicht so groß und geballt in nur wenigen Stunden zu erledigen. Andere wiederum brauchen ganz klare räumliche wie zeitliche Strukturen, um nicht unterzugehen. Ich persönlich habe alle Technik aus meinem Schlafzimmer verbannt. Abends etwas lesen, Tagebuch schreiben – das entspannt mich und lässt mich sehr gut schlafen. Am nächsten Tag darf es dann gerne wieder mit Handy, PC, TV und all dem weiter gehen. Aber nachts ist analog angesagt.

Designierte Orte der Ausgeglichenheit

Umso wichtiger bei der ganzen Arbeit im eigenen Heim ist das mentale und körperliche Runterfahren. Immerhin sollte ein Zuhause ein Rückzugsort sein; ein Ort der Ruhe und der Entspannung. Oftmals findet dort aber das alltägliche Leben statt, besonders mit einer Familie wird’s mal rüsselig und sich mal richtig Zeit für die Einrichtung zu nehmen, machen ja auch nur wenige. Kommt designorientierte Harmonie in unseren Häusern zu kurz? Achten wir bei der Einrichtung darauf, dass es anständige Orte der Ausgeglichenheit in unseren Heimen gibt?

Das ist ja sehr individuell. Alle Menschen sind unterschiedlich. Für die einen ist Sport sehr wichtig und die Wohnung dient nur dazu, schlafen und kochen zu können. Andere leben am liebsten draußen in der Natur und in ihrem Garten. Da hat vielleicht der Schwimmteich direkt an der Terrasse die oberste Priorität. Wo das Sofa steht und ob da vielleicht nur eine schmuddelige Decke drüber geworfen ist, ist nicht wichtig. Das ist alles okay und gut so.

Wenn man aber Wert auf die eigene Einrichtung legt, dann hilft es sich zu überlegen, was die einzelnen Bereiche können sollen. Eine Wohnung hat ja viele Aufgaben. Es gibt die kommunikativen, die rein praktischen und die dem Rückzug dienenden Bereiche. Auch hier ist schon viel gewonnen, wenn man die “Inseln” klar hat und auch so behandelt und einrichtet.

Tipps

Um die einzelnen Bereiche optimal zu nutzen und einzurichten, haben Sie sich eine besondere Hilfe überlegt: Sie bieten auch Beratungen im Bereich Dekoration an. Ist es wirklich möglich, dass bereits kleinste Details einen großen Unterschied in der Erscheinung eines Raumes machen? Welche Kniffe gibt es, um mit vergleichsweise wenig Aufwand einen große Wirkung in meinem Zuhause zu erzielen?

Na klar. Man ist oft erstaunt wie klein die “Kniffe” sein können. Mein Rezept mit Geling-Garantie ist das Sortieren von Farben. Und das knallhart. Wenn man in einem Raum nur unbunte Farben und eine farbige Farbe hat, kann er vollgeräumt bis oben hin sein und sieht trotzdem top aus. Also z.B. alle Farben nur Weiß, Naturtöne wie helles Holz, Beige, Schwarz, Grau – und dann als Tupfer nur grüne Farbtöne. Sofort wirkt alles aufgeräumt, einladend und ruhig. Aber das muss man dann auch durchziehen.

Das sind ja schonmal tolle Ansätze zur grundlegenden Designidee. Was ist zum Abschluss in Ihren Augen das A und O, wenn es darum geht einen Raum zu designen, der mich optimal bei der Entspannung und dem Abschalten unterstützt? Was sollte ich auf jeden Fall vermeiden?

Die meisten Dinge lieben es, ein logisches Zuhause zu haben. Also der Besen im Putzschrank, die Schuhe im Schuhregal im Flur, die Lockenwickler im Bad, die Bücher im Wohnzimmer im Bücherregal. Das hört sich extrem simpel an, ist aber in sehr vielen Haushalten nicht der Fall. Wenn man sich mal ernsthaft überlegt, wo was hingehört und es dort dann auch einsortiert und dann noch den simplen Farbtrick anwendet – dann ist schon sehr viel gewonnen!

Vielen Dank

Durch Ihre Expertise haben wir herausgefunden, wie wichtig es ist, mir über meine eigenen Bedürfnisse klar zu werden, bevor ich meine Umgebung angemessen auf mich abstimmen kann. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

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